Peru – Auf in die Anden!

Nach einem letzten Boxenstopp an der Pazifikküste tasten wir uns langsam in die Anden vor. Da ich als Europäer wenig Erfahrung mit der Anpassung des Körpers an große Höhen habe (mein bisher höchster Alpengipfel war bei so 3500m), haben wir unsere Reiseroute sorgfältig geplant.

Das erste Ziel ist die Stadt Arequipa (2300m), die für ihre Altstadt bekannt ist und einen guten Ausgangspunkt für weitere Touren bietet. Leider habe ich selber eher weniger von der Altstadt mitbekommen, da mein letztes Abendessen definitiv zu viele und zu unbekannte Bakterien in sich hatte und mein Magen nun im Rückwärtsgang lief… Dafür konnte ich vom Hotelfenster aus die umliegenden Berggipfel in der Abendsonne bewundern.

Zwecks Akklimatisierung haben wir eine Tagestour zum Salzsee Laguna de Salinas (4300m) unternommen. Auf Schotterstraßen und durch abenteuerliche Tunnel geht es immer weiter in die Berge hinein und wir umrunden allmählich den Vulkan El Misti. Unterwegs sehen wir immer wieder wilde Vikunjas, die nur in den Anden und erst ab einer Höhe von >3500m vorkommen (damit ist auch die Unterscheidung zu Lamas und/oder Alpakas meistens geklärt).

Nach ein paar Nächten in Arequipa und mit dem Entschluss, den Magen-Darm-Infekt besiegt zu haben, geht die Fahrt weiter durch das Reserva Nacional de Salinas y Aguada Blanca und über den Patapampa Pass (4900m). Auf der Fahrt durch die Hochebene beeindruckt mich immer wieder die karge Landschaft und die spektakulären Felsformationen. Unterwegs treffen wir immer wieder auf Gruppen an Lamas und/oder Alpakas, wobei die beiden Tiere (zumindest für mich) schwierig zu unterscheiden sind. Aufgrund der eher langen und gebogenen Ohren habe ich mich entschlossen, dass auf den Fotos unten Lamas zu sehen sind. 😉

Unser Ziel ist der kleine Ort Chivay (3600m), der am Rand des Colca Canons liegt, einer 1200m tiefen Schlucht. Besonders bekannt ist der Colca Canon für die Andenkondore, die sich regelmäßig am Cruz del Condor blicken lassen. Außerdem gibt es einige Wanderwege und auch wir steigen auf einer Tagestour in die Schlucht hinunter, von Cabanaconda aus zur Oase Sangalle. Aufgrund der Höhe ist es zwar angenehm kühl, aber die dünne Luft, die brennende Sonne sowie der steile und staubige Pfad machen den Weg zur echten Anstrengung, sodass wir die Tour nicht komplett durchziehen (was wir aber auch schon vorher überlegt hatten). Dafür probieren wir am Nachmittag noch die La Calera Hot Springs aus.

Vom Frühstücksraum aus können wir auch den Vulkan Sabancaya beobachten, der fast jeden Morgen munter vor sich herum hustet, woran sich aber niemand zu stören scheint…

Besonders aufgefallen ist mir der bizarre Gegensatz in der Lebensweise der lokalen Landbevölkerung im Vergleich zum Rest des Landes. Immer wieder kommen wir an Menschen vorbei, die zum Beispiel ein Bündel Heu oder Brennholz auf dem Rücken tragen und damit kilometerlang an der Straße entlang laufen. Oder die Bäuerin, die ihre zwei Ochsen vor sich her treibt, gefolgt von ihrem Mann mit einem Holzpflug auf der Schulter. Gleichzeitig sitzen wir im Auto, haben besten Mobilfunkempfang und bezahlen das Abendessen im Dorf per Kreditkarte.

Nach einem mittleren Kampf mit der Alarmanlage von unserem Leihwagen geht es auf einer langen Fahrt über diverse Hochebenen und Schotterstrecken weiter Richtung Cusco, Urubamba-Tal und Machu Picchu. Dort verbringen wir nochmals mehrere Nächte auf 3600m, bevor wir mit dem Vinicunca (5036m) den höchsten Punkt der Reise in Angriff nehmen. Der Vinicunca sowie die umliegenden Berghänge sind bekannt als „Regenbogenberge“ und geben in der Tat ein tolles Fotomotiv her. Der Parkplatz liegt bereits auf 4600m und der Weg ist auch nicht wirklich anspruchsvoll (ich trage leichte Laufschuhe und eine dünne Wanderhose plus Regenjacke), trotzdem sind die verbleibenden 400 Höhenmeter ziemlich anstrengend. Obwohl wir uns in unmittelbarer Nachbarschaft mehrere Gletscher sowie des Ausangate (6384m) befinden, bleiben diese leider in der Wolken verborgen.

Leider muss man sagen, dass Touristen hier unerwünscht sind: Auf der Hinfahrt werden wir von einem Einheimischen angehalten und bekommen den Hinweis, dass es einen Erdrutsch gegeben hätte, die Straße blockiert sei und wir umdrehen sollen. Wir fahren zunächst weiter, da wir nach drei Stunden Fahrt nicht einfach so aufgeben wollen – eventuell ist die Stelle wieder passierbar und die Information veraltet. Ein Dorf weiter werden wir wieder angehalten und diesmal reden gleich mehrere Personen und von allen Seiten auf uns ein. Die Einheimischen hindern uns zwar weder an der Weiterfahrt noch wirken sie bedrohlich, doch nun ist die Lage ziemlich eindeutig und, nachdem wir „entkommen“ konnten, diskutieren wir die Situation und mögliche Szenarien. Tatsächlich erreichen wir wenig später den nahezu leeren Parkplatz und uns kommen auf dem gesamten Wanderweg nur eine handvoll Wanderer entgegen – heute wurde niemand durch Touristenmassen gestört.

Ein paar Gedanken zu diesem reichlich bizarren Erlebnis:

In Peru reisen die wenigsten Touristen individuell und auch die Peruaner selber sind meistens mit organisierten Touren unterwegs. Ich kann mir gut vorstellen, dass die „Durchgangsdörfer“ über die (durchaus auch rücksichtslosen) Tourenbusse weniger amüsiert sind und von den Touristen kaum profitieren. Die Busfahrer halten dort nicht an, somit kann nichts verkauft werden und gleichzeitig wird die Straße kaputt gefahren.

In einer vollen Demokratie zu leben ist schon eine feine Sache, bei uns sind Proteste normal und es werden keine Lügengeschichten aufgetischt. In diesem Tal ist der demokratische Weg entweder noch nicht angekommen oder hat nicht geklappt. Eine übliche Lösung wäre ja zum Beispiel eine Straßenmaut / Eintrittsgebühr und eventuell eine Begrenzung der erlaubten Besucher pro Tag. Für uns wäre beides okay und angemessen gewesen, denn schließlich sollen alle vom Tourismus profitieren.